Reptilien als Überträger von Salmonellen

Dr. M. Hallinger

Die Haltung von Reptilien hat laut Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands schon von 2019 auf 2020 zugenommen. Allein im Jahr 2020 Demnach wurden nach Angaben des Statistischen Amts der Europäischen Union mehr als 350.000 Reptilien nach Deutschland importiert – dies sei im Vergleich zum Vorjahr mehr als das Doppelte. Es wurden nicht nur mehr Hunde und Katzen importiert und gehalten, sondern auch Exoten, die viele verschiedene Krankheitserreger übertragen können. Was der ansteigende Handel und die vermehrte Haltung dieser Tiere auch für uns Menschen zur Folge haben kann, versuchen wir am Beispiel der Salmonellen zu erklären:

Es ist inzwischen allgemein bekannt, dass Salmonellen in Haushalten mit Reptilien generell auf Menschen übertragen werden können. Dies wurde durch diverse Studien überall aus der Welt belegt und wird inzwischen in vielen Fachkreisen unterschiedlich diskutiert. Wir versuchen das die Entwicklung, das Ausmaß und die Bedeutung der Situation objektiv darzustellen, da das Infektionsrisiko in vielen Fällen entweder über- oder unterschätzt wird.

Was sind Salmonellen?

Salmonellen gehören wegen ihrer Stäbchen-Form zu den Stäbchen-Bakterien und werden den Enterobacteriaceae (Bakterien der Darmflora) zugeordnet. Man kann die Salmonellen grob in zwei Gruppen einteilen, bei denen die einen spezifisch nur bestimmte Spezies (z.B. nur Menschen oder nur Schweine) befallen, während die anderen auch unspezifisch zwischen den Spezies (z.B. von Schweinen auf Menschen) übertragbar sind. Dabei lösen die unspezifischen Salmonellen-Infektionen in der Regel die schwerwiegenden Krankheitsbilder aus, während die spezifischen Verläufe meistens milder ausfallen.
Salmonellen sind vorrangig im Verdauungstrakt von Säugetieren, Reptilien oder Vögeln zu finden und können über diverse Wege innerhalb einer Spezies oder von einer Spezies auf andere übertragen werden und die Umwelt besiedeln. Sie sind sehr widerstandsfähig gegenüber vielen Umwelteinflüssen und können daher auch außerhalb von ihrem Wirt länger überleben.

Verbreitung von Salmonellen

Salmonellen gehören zu den bekanntesten und häufigsten bakteriellen Infektionskrankheiten weltweit. Dabei spielen die Infektionen über tierische Lebensmittel mit Abstand die größte Rolle. Sie werden über kontaminierte tierische Lebensmittel (Geflügel, Schweine und Rinder) übertragen. Diese Tiere gelten zusammen mit Exoten als sogenanntes Erregerreservoir (Wirt/ Ort für Überleben und Vermehrung), von denen häufig eine Infektion ausgehen kann. Dies kann über den Lebensmittel-Weg oder direkten Tierkontakt passieren. Weitere Übertragungswege können kontaminierte Gewässer und manche pflanzlichen Lebensmittel sein. Die Verteilung der Fälle fällt hierbei eindeutig aus: die meisten Infektionen treten nach einer unsachgemäßen Bearbeitung und Verzehr von Hühnereiern auf, gefolgt von Broilern, Schweinefleisch und Rindfleisch. Dagegen machen die Infektionen, die nach Kontakt zu Exoten zustandekommen, lediglich einen kleinen Teil aus und betreffen nur bestimmte Alters- und Personengruppen. Doch dazu später mehr.

Was machen Salmonellen bei Reptilien?

Bei Reptilien zählen Salmonellen zu der normalen Darmflora, also zu den normalen Darmbewohnern, die im Magen-Darm-Trakt und Kot nachweisbar sind. Dabei besiedeln meistens verschiedene Salmonellen-Typen (Serovare) gleichzeitig den Darmtrakt und werden manchmal mehr und manchmal weniger mit dem Kot ausgeschieden. Dabei verursachen die Salmonellen bei den Reptilien nur in sehr seltenen Fällen klinische Symptome, sondern schaden den Reptilien in der Regel nicht. Daher ist beim Nachweis von Salmonellen bei Reptilien nicht immer eine Behandlung mit Antibiotika indiziert, was eher die Verbreitung von Resistenzen fördern würde. Es ist allerdings nachgewiesen, dass Reptilien aus schlechten Haltungsbedingungen (z.B. Überbelegung und unzureichende Hygienemaßnahmen) mehr Salmonellen ausscheiden und auch eher Gefahr laufen, an ihnen zu erkranken. Schlechte Haltungsbedingungen können das Immunsystem von Reptilien schaden, sodass diese vermehrt Salmonellen ausscheiden können.

Was machen Salmonellen beim Menschen?

Die bekannteste Erkrankung durch Salmonellen beim Menschen ist die typische Gastroenteritis (Magen-Darm-Entzündung), die meistens mit Fieber, Durchfall und Übelkeit einhergeht. Die häufigsten Auslöser dafür sind zwei Subspezies von der Spezies S. enterica Subspezies enteritidis und S. typhimurium. Hierfür sind meistens Lebensmittelinfektionen verantwortlich. Die Erreger werden beim Konsum von tierischen Lebensmitteln aufgenommen und gelangen anschließend in den Verdauungstrakt, wo sie über verschiedene Mechanismen die typischen Krankheitsbilder (s.o.) entstehen lassen. Sie produzieren beispielsweise in vielen Fällen Toxine (Gifte), die schädlich auf den Verdauungstrakt wirken und die Zellen der Darmwand (Enterozyten) verletzen. Durch die geschädigte Darmwand kommt es oft zu kleinen Läsionen und teilweise blutigem Durchfall.

Bei bestimmten Alters- und Personengruppen können die Salmonellen bei einer oder nach bereits überstandener Infektion allerdings schwerwiegende Verläufe hervorrufen, wenn sie in die Blutlaufbahn gelangen und ihre Toxine im gesamten Körper und diversen Organen (z.B. Gehirn und Gelenke) wirken können. Einige der aufgezeichneten Fälle mussten stationär aufgenommen und mit Antibiotika behandelt werden. Es können langfristige Schäden bleiben und es kann zu Todesfällen kommen.

Risiko der Salmonellen-Übertragung durch Reptilien

Inzwischen wurden weltweit zahlreiche Studien über das Auftreten der Salmonellen-Übertragung auf Menschen durch Reptilien veröffentlicht. Dabei stellen häufig gemeldete Fälle einen Zusammenhang mit der Haltung von Schildkröten, Bartagamen und Schlangen dar, um nur ein paar der häufigen Vertreter zu nennen.

Zwar unterscheiden diese Studien sich häufig in ihrer Methodik und Herangehensweise, aber beschreiben vorrangig Fälle von Salmonellose (Erkrankung an Salmonellen) bei bestimmten Alters- und Personengruppen an Menschen. Dabei scheinen häufig Säuglinge betroffen zu sein, genauer Kinder unter einem Jahr, die direkten oder indirekten Kontakt mit Reptilien im Haushalt oder in der näheren Umgebung (z.B. Kita mit Reptilien-Haltung) hatten. Neben Säuglingen und Kleinkindern können ebenfalls auch erwachsene Personen betroffen sein, die aber in der Regel bereits an einer anderen Grunderkrankung oder Immunsuppression leiden. Auch Schwangere können sich infizieren. Die Personengruppen werden kurz auch als YOPIS (young, old, pregnant, immunosuppressed) bezeichnet.

Eine weitere herausragende Rolle scheinen die hygienischen Umstände in den Haushalten mit Reptilien zu spielen. So traten vermehrt Infektionen auf, wenn wichtige Hygienemaßnahmen bei der Haltung und im Umgang mit Reptilien nicht oder unzureichend eingehalten wurden.

Das Risiko einer Salmonellen-Infektion durch den Kontakt mit Reptilien scheint im Vergleich mit den Fallzahlen der Lebensmittelinfektionen durch Salmonellen recht gering. Dennoch steigt der Import an Reptilien weltweit und auch in Deutschland seit einigen Jahren an. Die Corona-Pandemie scheint diesen Verlauf bestärkt zu haben, da sich zunehmend mehr Menschen Reptilien als Haustiere wünschen. Beispielsweise wurden im Jahr 2007 ca. 500.000 Reptilien allein über den Flughafen in Frankfurt am Main nach Deutschland importiert. Auf Grund der steigenden Nachfrage und Haltung, wurde das Thema der durch Reptilien übertragenen Salmonellose vermehrt verbreitet. Die Reptilien-assoziierte Salmonellose wird somit inzwischen als sogenannte emerging-zoonosis gewertet – also als Krankheit, die von Tieren auf Menschen übertragen werden kann.

Nichtsdestotrotz ist uns wichtig festzuhalten, dass die Salmonellose durch Reptilien bei einer artgerechten Haltung, Fütterung und regelmäßigen Vorsorge kein Grund für ein Haltungsverbot darstellt, die in einigen Kreisen gefordert wird. Zwar stellt das Einhalten einiger Hygieneregeln für einen sicheren Umgang mit Reptilien eine Herausforderung, aber kein Hindernis dar. Anstatt also die gegenwärtige Entwicklung als generelles Argument gegen eine Reptilien-Haltung zu deuten, wollen wir vermehrt die Bedeutung der Prophylaxe hervorheben.

Prophylaxe gegen Salmonellen-Infektionen durch Reptilien

Aufklärung: Als Grundlage der Prophylaxe darf die Aufklärung von bereits erfahrenen, wie neuen Patientenbesitzer-Innen nicht fehlen! Dabei halten wir es für wichtig, die Situation weder zu unterschätzen noch sie übermäßig zu dramatisieren, sondern sie objektiv darzustellen. Eine Stellungnahme einer Arbeitsgruppe vom Robert-Koch-Institut beschreibt, dass die Reptilien-Haltung unter besonderen Hygienemaßnahmen und Regeln weiterhin kein Problem darstellt. Diese Regeln sollten allgemein in der Reptilienhaltung eingehalten und nach der Abgabe durch Händler an die Hand gegeben werden.

Haltung und Management: Eine artgerechte Haltung ist die Grundlage, um das Risiko einer Infektion zu minimieren, denn Reptilien aus schlechten Haltungsbedingungen übertragen häufiger Infektionskrankheiten. Dazu zählen ebenfalls die regelmäßige Vorstellung und Kontrolle der Gesundheit bei einem reptilienkundigen Tierarzt und eine regelmäßige Kotuntersuchung auf etwaige Innenparasiten. Außerdem sollte ein wirkungsvollen Reinigungs- und Desinfektionsregime für die Hände und alle Einrichtungsgegenstände eingeführt werden. Diese sollten beispielsweise von anderen Haushaltsgegenständen getrennt verwendet werden. Die Hände sollten nach jedem Kontakt zu Reptilien mit gründlich Seife gewaschen und desinfiziert werden.

Fachkenntnis: Werden Reptilien in Haushalten mit Kindern gehalten, sollten die Eltern als Aufsichtspersonen die entsprechende Fachkenntnis besitzen und über eventuelle Gefahren aufgeklärt sein. Beispielsweise sollte der Kontakt zu den Reptilien nur unter Aufsicht geschehen und sich auf das Beobachten beschränken. Doch auch erwachsene Halter-Innen, die besonders gefährdet sind, sollten sich dieser bewusst sein. Der richtige Umgang mit Reptilien sollte verantwortungsvoll vermittelt werden – dazu zählt beispielsweise, dass Reptilien keine engen Spiel- und Kuschelpartner darstellen. Im Gegenteil sollten Reptilien von Babys und Säuglingen ferngehalten und der direkte Kontakt vermieden werden. Das gilt ebenfalls für Einrichtungsgegenstände aus dem Terrarium, die potenziell kontaminiert sein könnten. Dieses sollte nur mit Handschuhen angefasst werden. Damit es zu keiner Übertragung kommt, sollte das Terrarium und seine Einrichtung nicht in der Küche gesäubert werden. Reptilien haben auch nichts in der Küche zu suchen, wo sie Kontakt zu Lebensmitteln für den menschlichen Verzehr haben können.

Nachweis: Um Salmonellen nachzuweisen, müssen zuerst regelmäßig Proben entnommen und eingesendet werden. Auch beim Versterben von Tieren kann das Einsenden des Tieres zu einer Sektion Aufschluss über eventuell infektiöse Erkrankungen geben. Für ein funktionierendes Salmonellen-Monitoring sollte einmal jährlich eine Tupfer Probe der Kloake zur Untersuchung eingesendet werden. Bei Neuzugängen und Quarantäne-Fällen sollte dies ebenfalls geschehen. Aus der Tupfer Probe lässt sich im Labor (z.B. bei exomed) eine selektive, mikrobiologische Anzucht von Salmonellen anfertigen. In der Tat weisen wir bei exomed regelmäßig Salmonellen bei Reptilien nach.

Quellen:

Paper:

Eine gemeinsame Stellungnahme der DVG-Fachgruppe „Zier-, Zoo- und Wildvögel, Reptilien, Amphibien und Fische“
M. Pees, W. Rabsch, B. Plenz, A. Fruth, R. Prager, S. Simon, V. Schmidt, S. Münch, P. G. Braun „evidence for the transmission of Salmonella from reptiles to children in Germany“, July 2010 to October 2011

M. A. Mitchel, and S. M. Shane, „Salmonella in Reptiles“ Seminars in Avian and Exotic Pet Medicine“, Vol 10, No 1 (January), 2001: pp 25-35

„Salmonellen bei Reptilien, Schildkröten & Co. als Infektionsquelle“, Wolfgang Rabsch, Robert Koch-Institut, NRZ für Salmonellen und andere bakterielle Enteritis Erreger Berlin, 2.März 2016

Internet:

https://www.geo.de/natur/tierwelt/reptilien-import-steigt-in-deutschland-sprunghaft-an-30512528.html (27.02.22)